Die Familie Hansen in Heede, ein Bastardzweig der Herren von Scharpenberg?

(Bernd Josef Jansen)

Die Scharpenborg in Groningen (1. Teil)

Vorbemerkung: der Namen der Familie variiert in den Dokumenten vielfach: Scharpenberg, Scharpenborg, Scherpenborg, Scharffenberg/-borg usw. Ein gutes Beispiel ist der unten abgebildete Grabstein des Vollrath Nagel von Scharpenberg. In der Umschrift wurde sein Name "Scharffenberg" geschrieben, das dazugehörige Wappen ist aber mit dem Schriftzug "Scharpenborg" versehen. Ich nutze in diesem Artikel die Variante Scharpenberg für die adeligen Mitglieder, Scharpenborg für die bürgerliche Familie in Heede und Groningen.

Am 24.10.1618 heiratet in Groningen die "woledl: Ehr en[n] dogentrijke Juff. Margrieta geborn va[n] Scharpenborch Zal: Volraet v. Scarpenborch ehelicke nagelatene Dochter"  den Junker Gerhard Clant. Mitglieder der adeligen Familie Clant waren seit Mitte des 14. Jh. Häuptlinge im etwa 10 km östlich von Groningen gelegenen Scharmer, gehörten zum Groninger Patriziat und waren regelmäßig Ratsherren und Bürgermeister der Stadt. Gerhard Clant, der um 1565 geborene Sohn des Bedumer Pastors Johann Clant und der Anna Stillinck, hatte als Soldat bei den Truppen der Generalstaaten gekämpft, war 1594 nach Groningen zurückgekehrt und hatte zu unbekannter Zeit vor dessen Tod 1607 die Burg Scharmer von seinem Onkel Egbert Clant gekauft. Gerhard war bei der Trauung 1618 Witwer, seine erste Frau Mechelt van der Doist hatte er schon um 1590 geheiratet. 1621 fiel er beim Feldzug der spanisch-niederländischen Truppen in der Pfalz. Die Vermögensverhältnisse der Familie waren offenbar nicht gut, denn nach dem Tode Gerhards wurde die Burg Scharmer noch 1621 gerichtlich versteigert. Zur Burgstelle Scharmer gehörten damals Haus, Hof, Burggraben, Stall und Scheune, sowie Ackerland, beginnend westlich der Burg, der "Alten Ee" im Osten, vom Benningschloot im Norden bis zur Kloosterlaan im Süden, desweiteren laufend über die "Alte Ehe" und die Hornevenne, mit allen Gerechtigkeiten. Käufer wurde für 14.000 Gulden die Stadt Groningen, die das Haus mit Hof, Kanälen, Fischerei und Venen für 90 Taler jährlich direkt wieder an Clants Witwe Margarete von Scharpenborch vermietete, mit dem Recht, so viel Torf zu graben, wie sie für ihren Haushalt gebraucht; die übrigen Ländereien wurden an andere Pächter vermietet. Kinder aus der Ehe Clant/Scharpenborg sind nicht bekannt, Margaretha heiratete 1623 einen Johann Vinckert, wie lange sie auf Scharmer wohnen blieb und wohin sie später verzog ist nicht bekannt. Schon 1627 verkauft die Stadt Groningen die Burg, ohne die Gerechtigkeiten, an einen Otto Clant, der wohl ein Sohn des 1607 gestorbenen Egbert und somit Vetter Gerhard Clants gewesen ist.

 

Die von Scharpenberg in Heede um 1600

Grabstein Vollrath Nagel von Scharfenberg
Grabstein Vollrath Nagel von Scharfenberg

Margaretha von Scharpenborgs Vater, Vollhardt von Scharpenberg, war Herr zu Niendorf an der Stecknitz und Scharpenburg/Heede. 1568 wird er erstmalig genannt und für sich und seine Geschwister Boldewin, Hans und Anna belehnt mit der Wohnung in Heede, dem Binnenlande, einem Viertel des Zehnten zu Heede, mit Grieps und Benekes Erbe in Lehe, Prickers Haus in Langen, mit drei Haselünner Erben, dem Burglehen auf dem Hümmling, Werneken Erbe in Wahn, mit dem Hof Vorwerk in der Bauerschaft Bunnen im Ksp. Löningen, einem Erbkaten, genannt das Lohaus, im Ksp. Essen/Old. sowie dem halben Zehnten zu Sustrum, dem Hof zu Frackel, dem losen Zehnten von demselben Hof und Hannings Erbe. Er "wurde das von Gott erwählte Werkzeug, durch welches Niendorf a. d. St. zu einer selbstständigen Kirchengemeinde erhoben wurde". 1581 ermöglichte er die Berufung eines Predigers, indem er der Kirche "die Einkünfte einer Vicarie beilegte, welche seine Vorfahren am Johannis-Altar in der Domkirche zu Hamburg gestiftet hatten, worüber er nicht nur die Einwilligung des Domcapitels unterm 13. Nov. 1581, sondern auch des Herzogs Franz unterm 29. Sept. 1592 nebst dem Pfarrpatronat für sich und seine Nachkommen im Gutsbesitz ausbrachte." Er berief den Basthorster Pastor Christianus Rede (alias Rode) zum Prediger in Niendorf." Unter ihm wurde 1596 die Scharpenburg von spanisch-niederländischen Truppen erobert. 1602 war er schon verstorben, denn in diesem Jahr wurde sein Sohn Hans Vollhardt mit der Scharpenburg belehnt. Hans Vollhardt konzentrierte sich auf seine Besitzungen in Niendorf (Schleswig-Holstein) und trat die Scharpenburg an Halbbruder Engelbert von Scharpenberg ab.

Engelbert von Scharpenberg war Vollhardts Sohn von dessen zweiter Frau, einer geborenen von Langen zu Westkreyenburg. Zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters 1598 war er noch minderjährig, also jünger als 21 Jahre. Spätestens 1604 war er verheiratet mit Tetta von Plettenberg. Sein Geburtsjahr wird somit um 1580 anzusetzen sein, gestorben ist er am 20.10.1653. Aus seiner Ehe mit Tetta gingen ein Sohn und vier Töchter hervor: Vollrath Nagel, Anna Almoed, Elisabeth Adelheid, Catharina und Margaretha.

 Vollrath Nagel, der einzige Sohn Engelberts, stirbt 1645 im Alter von nur 29 Jahren. Seine 2,20 x 1,04 Meter große Grabplatte aus Baumberger Sandstein wurde 1973 bei Renovierungsarbeiten unter dem Holzfußboden der alten Heeder Kirche entdeckt und steht heute aufrecht in deren Turm. Die aus der Werkstatt des Rheiner Bildhauers Heinrich Meiering stammende 17 Zentimeter dicke Platte zeigt den Verstorbenen beinahe lebensgroß mit zum Gebet gefalteten Händen und geschlossenen Augen. Die typische Kleidung eines Landadeligen seiner Zeit ist bis ins Detail ausgearbeitet. Auf dem äußeren Rand steht in gotisierenden Buchstaben die Inschrift: "Anno 1616 ist der [....] Woll Edlgebohrn Gestreng undt [...]ft Wollrath Nagell von Scharffenberg, Erbgesessen zur Scharpenborgh undt Borchmann zu Haselünne, auf dieser Welt gebohrn undt Anno 1645 ahm 3. [...] in den Heren entschlaffen, Deszen Seele Gott gnedich sey." Umrahmt wird die Figur von den 16 Ahnenwappen des verstorbenen: links auf der Vaterseite: Scharpenborg, Langen, Vosz, Klae, Kluber, Stafhors(t), Ritzerow und Vrese, sowie rechts auf der Mutterseite Plettenberg, Manninga, Nagel, Oldersum, Torck, Vrese, von Brae und Ewshum. Bei der Zusammenstellung der Wappen sind dem Verfasser zwei Fehler unterlaufen, Vollrath Nagels Ururgroßmutter war keine von Ritzerow, sondern eine von dem Campe, zudem ist das Wappen der Familie von der Kuhla/Kulae falsch mit Clae unterschrieben. Eine Familie Clae hat es nie gegeben, offensichtlich wurde hier das "u" vergessen. Die älteste Tochter Anna Almoed heiratete am 11.7.1646 in Haselünne den aus Lingen stammenden Oberstwachtmeister Hermann Friedrich von Pinninck, der 1657 mit der Scharpenburg belehnt wurde und auf seine Nachkommen vererbte. Damit endete nach 150 Jahren die Geschichte der Familie von Scharpenberg in Heede.

 

Die Scharpenborg in Groningen (2. Teil)

Am 18.6.1653 ließ sich in Groningen "Boldewijn Scharpenborch" in Abwesenheit zur Ehe mit Hermtje Janssen registrieren. Sein Bruder "Hans Scherpenborgh" tritt hierbei als sein Stellvertreter auf.

Aus dieser Ehe werden 7 Kinder geboren und in Groningen getauft: Joannes ~ 22.10.1654, Annichjen ~ 8.2.1657, Aeltjen ~ 31.10.1658, Jan ~ 4.10.1661, Herm ~ 16.2.1664 sowie die Zwillinge Annichjen und Aeltien ~ 16.7.1665. Boldewijn heiratet noch zwei mal, und zwar am 20.2.1667 in Sappemeer (Aufgebot in Groningen am 28.9.1667) die Ida Renemans und am 26.9.1676 in Groningen die Annegien Stevens, die Witwe von Jan Frericx. Bei dieser dritten Ehe wird Boldewijn als Fähnrich bezeichnet, als Vormund der Annegien Stevens wird ihr "Neve" Arent Stevens genannt. Neve/Neffe hatte zu dieser Zeit meist die Bedeutung Vetter.

Am 4.10.1656 hatte in Groningen "Arent Stewes" die "Trientje Scharpenborghs" geheiratet. Als Trientjes Vormund tritt wiederum "Hans Scharpenb. als Broder" auf. Man wird diesen Hans mit dem Bruder des Boldewijn gleichsetzen dürfen. Demnach waren Boldewijn, Hans und Trientje Scharpenborg Geschwister, und Boldwijn hatte in dritter Ehe eine Verwandte seines Schwagers Arent Stevens geheiratet.

Bei keiner der Trauungen wird ein Herkunftsort genannt, was aber zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich ist. Die Vornamen Boldewijn und Hans lassen aber eine Herkunft aus Heede vermuten. In Groningen sind die Geschwister jedenfalls nicht getauft.